Beantragt ein Elternteil die alleinige elterliche Sorge, um zusammen mit dem gemeinsamen Kind in einen anderen Staat (hier: Italien) überzusiedeln, und wird das Umgangsrecht des anderen Elternteils dadurch beeinträchtigt, müssen für den Wegzug triftige Gründe vorliegen, die schwerer wiegen als das Umgangsinteresse von Kind und anderem Elternteil. Diese fehlen, wenn der Umzug nicht einer ernsthaften Planung des künftigen Lebens des umzugswilligen Elternteils entspringt und gefestigte soziale Bindungen in dem anderen Staat fehlen.
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin, die italienische Staatsangehörige ist, und der Antragsgegner sind miteinander verheiratet, leben jedoch in Trennung. Sie haben ein sechs Jahre altes Kind, das bei der Kindesmutter lebt. Die elterliche Sorge steht den Kindeseltern gemeinsam zu.
Der Umgang des Kindesvaters mit dem Kind wurde in der Vergangenheit dadurch erschwert, dass es zwischen den Kindeseltern sowie zwischen dem Kindesvater und seinen Schwiegereltern zu Auseinandersetzungen kam. Die Kindesmutter beabsichtigt, mit dem Kind zu ihrem neuen Lebensgefährten nach Italien in die Provinz Salerno umzuziehen. Sie hat deshalb die Übertragung des alleinigen elterlichen Sorgerechts auf sich beantragt.
Das AG wies diesen Antrag zurück. Das OLG, das die Kindeseltern, das Kind und den für das gerichtliche Verfahren bestellten Verfahrenspfleger des Kindes angehört hat, wies die hiergegen eingelegte Beschwerde der Antragstellerin zurück.
Die Gründe:
Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Übertragung des alleinigen elterlichen Sorgerechts.
Nach § 1671 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB ist nach der Trennung die elterliche Sorge auf Antrag ganz oder teilweise einem Elternteil allein zu übertragen, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge oder eines Teilbereichs sowie die Übertragung auf einen Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht. In Fällen des beabsichtigten Umzugs ins Ausland mit dem gemeinsamen Kind sind das Grundrecht des umzugswilligen Elternteils auf örtliche freizügige Lebensgestaltung und das Grundrecht des anderen Elternteils auf möglichst freien Umgang mit seinem Kind abzuwägen und zu einem Ausgleich zu bringen.
Entscheidend ist darauf abzustellen, was dem Kindeswohl am besten dient. Deshalb kommt die Übertragung des alleinigen Sorgerechts nur in Betracht, wenn triftige Gründe für den Wegzug bestehen, die schwerer wiegen als das Umgangsinteresse des Kindes und des anderen Elternteils. Im vorliegenden Fall ist zu erwarten, dass es nach einem Umzug der Kindesmutter mit dem Kind nach Italien zu keinem Umgang mit dem Vater mehr kommen wird.
Triftige persönliche, familiäre oder berufliche Gründe für eine Übersiedlung hat die Antragstellerin nicht überzeugend dargelegt. Sie verfügt in der Provinz Salerno, die nicht ihre Heimat, sondern die ihres neuen Lebensgefährten ist, über keinerlei gefestigte soziale Bindungen, in die ihr Kind einbezogen ist. Bei der Beziehung zu ihrem neuen Lebensgefährten handelt es sich bisher im Wesentlichen um eine Fernbeziehung. Auch konkrete berufliche Perspektiven in Italien konnte die Antragstellerin nicht aufzeigen. Im Rahmen ihrer Anhörung hat sie vielmehr den Eindruck erweckt, dass vorrangiges Ziel ihrer Übersiedlung nach Italien ist, den Umgang des Kindes mit seinem Vater zu vereiteln.
Unter diesen Umständen musste die örtliche Freizügigkeit, die die Antragstellerin genießt, im Hinblick auf das Kindeswohl hinter das Umgangsrecht des Antragsgegners zurücktreten. Es war auch abzulehnen, lediglich das Aufenthaltsbestimmungsrecht (bei Belassung der gemeinsamen elterlichen Sorge) auf die Kindesmutter zu übertragen. Auch dies entspricht nicht dem Kindeswohl, weil aufgrund des bisherigen Verhaltens der Kindesmutter das Umgangsrecht des Vaters bei einem Umzug als sicher ausgeschlossen anzusehen ist.
OLG Koblenz 4.5.2010, 11 UF 149/10
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