Auch nach Einführung des qualifizierten Mietspiegels (§ 558d BGB) kann ein einfacher Mietspiegel (§ 558c BGB) alleinige Grundlage der dem Gericht obliegenden Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete sein. Zwar kommt dem einfachen Mietspiegel nicht die dem qualifizierten Mietspiegel vorbehaltene gesetzliche Vermutungswirkung dahingehend zu, dass die im Mietspiegel genannten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben; der einfache Mietspiegel stellt aber ein Indiz für diese Annahme dar.
Der Sachverhalt:
Der Beklagte ist Mieter einer Wohnung des Klägers in Backnang. Mit der Klage verlangt der Vermieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung um 76,69 € mtl. Der Berechnung der Mieterhöhung hat der Vermieter den Mietspiegel der Nachbarstadt Schorndorf zugrunde gelegt, der von dem örtlichen Mieterverein, dem örtlichen Haus- und Gründeigentümerverein sowie dem Bürgermeisteramt gemeinsam erstellt worden ist. Zur Begründung führte der Kläger aus, dass es sich bei Schorndorf um eine mit Backnang vergleichbare Gemeinde handele.
AG und LG gaben der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und unter Verwertung des Mietspiegels für Schorndorf statt. Die hiergegen gerichtete Revision des Mieters hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Der Vermieter hat sein Mieterhöhungsverlangen ordnungsgemäß nach § 558a BGB begründet. Die Bezugnahme auf den Mietspiegel der Nachbarstadt Schorndorf war ausreichend, weil für die Stadt Backnang kein Mietspiegel erstellt worden ist und weil beide Städte, wie der Sachverständige ausgeführt hat, unter anderem im Hinblick auf das Mietniveau vergleichbar sind.
Auch nach Einführung des qualifizierten Mietspiegels (§ 558d BGB) durch das Mietrechtsreformgesetz vom 19.6.2001 kann ein einfacher Mietspiegel (§ 558c BGB) alleinige Grundlage der dem Gericht obliegenden Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete sein. Zwar kommt dem einfachen Mietspiegel nicht die dem qualifizierten Mietspiegel vorbehaltene gesetzliche Vermutungswirkung dahingehend zu, dass die im Mietspiegel genannten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete zutreffend wiedergeben (§ 558d Abs. 3 BGB). Der einfache Mietspiegel stellt aber ein Indiz für diese Annahme dar. Das gilt auch dann, wenn der einfache Mietspiegel, wie im entschiedenen Fall, nicht von der Gemeinde, sondern gemeinsam von Interessenvertretern der Mieter und Vermieter erstellt wurde.
Ob diese Indizwirkung im Einzelfall zum Nachweis der Ortsüblichkeit der verlangten Miete ausreicht, hängt davon ab, welche Einwendungen der Mieter gegen den Erkenntniswert des Mietspiegels erhebt. Trägt er etwa substantiiert vor, den Verfassern habe es an der erforderlichen Sachkunde gefehlt oder sie hätten sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen oder unzureichendes Datenmaterial verwendet, muss das Gericht dem nachgehen. Bleiben danach Zweifel an der Verlässlichkeit des Mietspiegels, so ist die Indizwirkung erschüttert. Der Vermieter muss dann anderweit Beweis für seine Behauptung antreten, die von ihm verlangte Miete liege innerhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete.
Im Streitfall hat der Mieter jedoch keine Einwendungen erhoben, durch die die Indizwirkung des – einfachen – Mietspiegels für Schorndorf erschüttert worden ist. Das LG hat sich somit zu Recht auf diesen Mietspiegel gestützt und die Ortsüblichkeit der vom Vermieter verlangten Miete festgestellt.
Linkhinweis:
- Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
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Quelle: BGH PM Nr. 122 vom 16.6.2010